„Digital or Dead“ – das umschreibt sehr gut den Hype, welcher die HMI in diesem Jahr bestimmt. Eine Vielzahl von Unternehmen und Startups bieten Hardware und Dienstleistungen rund um das Thema Digitalisierung an. Der hohen Stellenwert von dem neuen Mobilfunkstandard 5G für die Industrieautomatisierung spiegelt sich in der „5 G-Arena“ genannten Messehalle wieder. Von Bosch über Nokia ,Siemens, VW bis Zeiss-neben einer Vielzahl asiatischer Firmen dokumetierte die Beteiligung bedeutender deutscher Industrieunternehmen die Wichtigkeit der kommenden Innovation. Diese schnelle und zuverlässige Datenvervindung besitzt das Potential um völlig neue Anforderungen in der Automation zu erfüllen. Wird sich VR (Virtual Reality) jetzt über den Hebel schnelle interaktive 3D-Fabrikplanung endlich durchsetzen? Es bleibt spannend.
Die Elektromobilität ist wie in 2018 wieder das Leitthema für den Messebesuch unserer Vereinsmitglieder. Gefördert von der Landesagentur emobil Baden-Württemberg GmbH startete um 4:40 in Heilbronn-Sontheim der Messebus gemeinsam mit 30 Studierenden der Hochschule Heilbronn. Als registrierter Gasthörer der Hochschule in der Vorlesung „Elektromobile Systeme“ war die kostenlose Messeexkursion inklusive Ticket und Lunchpaket in der Vorlesungsreihe enthalten. Nach der Begrüßung durch Herrn Lutz Engel von der emobil BW auf dem Gemein-schaftsstand des Landes Baden-Württemberg hatten die Exkursionsteilnehmer in einer Führung die Gelegenheit die Innovationskraft der Unternehmen und deren internationaler Koorperationspartner kennen zu lernen.
Als Highlight präsentierte sich das neue Ladekonzept für Elektrofahrzeuge der Premiumklasse. Das Unternehmen Porsche zeigte hier zusammen mit ihrem Partner ads-tec, dass es nicht nur eine neue Fabrik für Elektrofahrzeuge am Standort Stuttgart baut, sondern auch für ihre Kunden ein innovatives Ladekonzept für den neuen Taycan mit einem Elektrifizierungsniveau von 800-900 V anbietet . Durch eine neue Zwischenspeichereinheit ist es möglich, im bestehenden Versorgungsnetz bis zu 4 Taycan-Fahrzeuge auf 80% ihrer Batteriekapazität schnell zu laden. Diese hohe Ladeleistung von 320 kW je Fahrzeug entspricht den Anschlüssen von 10 Einfamilienhäusern! Die dabei anfallende Abwärme der Leitungen und Steckerverbindungen wird mittels Wasserkühlung abgeleitet. Dabei steht jedem die volle Leistung zur Verfügung und muss nicht wie beim amerikanischen Mitbewerber durch die Anzahl der ladenden Fahrzeuge geteilt werden.
Simulation und Versuch ist für die Netze Baden-Württemberg GmbH der Weg, das Ladeverhalten der Bürger und deren direkte Auswirkungen auf das Stromnetz kennen zu lernen. In der „E-Mobility Allee“ in Ostfildern bei Stuttgart testet Netze BW wie E-Mobilität das Stromnetz beeinflusst https://www.netze-bw.de/e-mobility-allee . Was passiert, wenn auf einmal alle Bewohner ein und derselben Straße, die über einen Stromkreis mit Energie versorgt wird, auf Elektrofahrzeuge umsteigen? Um das herauszufinden, stattete Netze BW zehn Haushalte für ein Jahr mit E-Autos und Ladeinfrastruktur für zu Hause aus. Dieser erfolgreiche und derzeit noch laufende Versuch konnte auf der Messe in Form eines Modelles bewundert werden. Im zweiten Schritt gilt es dann, Möglichkeiten zur Optimierung der Netzstabilität direkt in der Praxis zu testen.
Auch die Volkswagen AG zeigt in der Halle 27 ihren modularen Elektro-Querbaukasten. Neben der Standardisierung innerhalb der Volkswagen-Produktfamilie wirde diese Fahrwerks-Antriebs-Batterieeinheeit auch als Mobilitätsplattform verstandenen. Kleinere Unternehmen mit innovativen Karrosserie- oder Aufbauideen können ihre Konzepte damit ohne die aufwendige Entwicklung eines Fahrwerks mit Antrieb realisieren.
Eine der vielen Messedemonstrationen der SIEMENS AG ist die LKW-Sattelzugmaschine mit Stromabnehmer auf der Freifläche der Messe. Diese kontrovers diskutierte Idee des „eHigway“ mit bereits realisiertem Teststreckensegment auf der A5 soll einen Wirkungsgrad von über 80% ermöglichen. Die Technologie für den Stromabnehmer und die Oberleitung ist vorhanden. Eine Studie des BDI sieht ein Potenzial von 4000 so zu elektrifizierenden Autobahnkilometern inklusive eines Teilstücks der A6 und A81zwischen Neckarsulm und Stuttgart.
Das US-amerikanische Unternehmen Better Place hat zwischen 2007 und 2013 mit Renault vergeblich versucht, ein Wechselakkusystem für Elektroautos zu etablieren. Jetzt möchte man in Berlin unter der Marke Swobbee Wechselakkus in Einheitsgröße für Elektroleichtfahrzeuge anzubieten . Geplant ist in den kommenden Jahren ein grünes Energienetzwerk für E-Roller oder E-Cargobikes in Deutschland und Europa, von dem vor allem Sharing- und Logistik-Anbieter, aber auch Hand-werker profitieren könnten. „Die Zukunft gehört system-übergreifenden Sharing Points. Bei allen neuen Technologien ist nach einer Markteintrittsphase der Trend zur Standardisierung feststellbar. Für Anbieter wie für Kunden bedeutet das einen spürbaren Komfortzuwachs. GreenPack ist das erste GreenTech-Unternehmen, welches ein ausgereiftes System für eine einheitliche, zukunftsfähige Wechselakku-Infrastruktur für Elektroleichtfahrzeuge auf den Markt bringt.“, so Tobias Breyer CMO bei der GreenPack mobile energy solutions GmbH.
Unser EHF-Hochschulgründungsmitglied nimmt turnusmässig an der Jahressitzung des Elektromobilitätsclusters Süd-West teil – mittlerweile sind es über 160 Mitglieder.Neben den Kurzvorstellungen neuer Mitglieder sowie der Elektromobilitäts-vorstellung vom diesjährigen Messepartnerland Schweden sind die Berichte zum Besuch einer Landesdelegation in China und zur neuen Forschungsplattform CELESTE besonders erwähnenswert. Es gibt eine Vielzahl von Berichten zur Wandlung der Volksrepublik China zur technologischen Weltmacht. Auch der Report beim Delegationsbesuch hat wieder gezeigt, dass der Wandel vom Massenproduzenten zum Hightechlieferanten rasant vonstatten geht . Eine hohe Risikobereitschaft und Technologieoffenheit bei klaren Zielsetzungen mit integrierter staatlicher und privatwirtschaflicher Förderung fördern dies. Die hohe Entwicklungsgeschwindigkeit bei immer vorhandenem Bezug auf Anwendungsfälle (Use Cases) fördert dies. China sieht sich technologisch auf Augenhöhe mit Europa und möchte spätestens 2049 die globale Führungsmacht sein. „New Energy Vehicles“ (NEV) machen bis zu 4% der Neuzulassungen aus. Ab 2020 sollen 2,5 Mio NEV’s jährlich produziert werden. Die Elektromobilität ist dabei ein wichtiger Treiber, das Automobil bleibt nach wie vor ein emotionales Produkt.
CELESTE ist die neue Forschungsplattform in Baden-Württemberg zur Batterieforschung und eines der wenigen sogenannten Exzellenzcluster in der Forschung der Bundesrepublik. Teilnehmer unter den 29 Instituten sind u.a. das KIT, die Universität Ulm oder auch das Zentrum für Sonnenenergie- Wasserstoffforschung (ZSW) in Ulm. In der Vorstellung wurde gezeigt, dass nach einer Studie der als seriös anzusehenden Internationalen Energieagentur nur bei intensiven Frackingaktivitäten der USA die globale Erdölförderkapazität um nicht mehr als 50% einbricht. Aber auch die weltweiten Vorräte an Lithium und Cobalt sind limitiert. Im Vortrag wurde darauf hingewiesen, dass die heute weltweit bekannten Cobaltvorräte nur für ca. 120 Mio Elektrofahrzeuge reichen. Neben der Forschung an lithiumbasierten Systemen arbeiten die CELESTE-Partner wie das ZSW deshalb intensiv an sogenannten Post-Lithium-Systemen. Für Anode, Kathode und Elektrolyt kann deren Aufbau aus unkompliziert und reichlich verfügbaren Materialien wie Natrium, Magnesium, Aluminium oder Calzium bestehen .
Der Geschäftsführer Franz Loogen unserer Bundeslandrepräsentanz emobil BW GmbH wurde zum Leiter der Arbeitsgruppe 1 „Klimaschutz und Verkehr“ in der neuen „Nationalen Plattform Mobilität (NPM)“ ernannt – die Kompetenz von Baden-Württemberg auf diesem Gebiet ist auch auf politischer Ebene anerkannt. Der EHF wird wieder vertreten sein und freut sich bereits jetzt schon auf eine rege Vereinsbeteiligung seiner Mitglieder zur Hannovermesse 2020!
Text und Bilder: Andreas Daberkow und Reinhard Stiefel